Abendroutine: für besseren Schlaf und innere Ruhe

Elena Rieder | 14-05-2024 | 10 min Lesezeit

Wusstest du, dass wir den Großteil unseres Lebens einfach „verschlafen“? Für uns und unser Gehirn ist das sogar richtig gut. Denn während du schläfst, laufen in deinem Körper eine Menge komplexer Vorgänge ab. Dein Gehirn verarbeitet die Informationen des Tages, dein Immunsystem wird gestärkt und der Stoffwechsel angeregt, um nur einige Beispiele zu nennen. [1] [1] Schlaf trägt zu Gesundheit und Wohlbefinden bei: Stiftung Gesundheitswissen (2021): Schlaf: Warum wir ihn brauchen

Schlaf bewirkt wahre Wunder. Für deinen Körper, für deinen Geist und für deine Seele. Was aber, wenn tausend Gedanken und Sorgen am Abend in deinem Kopf schwirren und du einfach nicht zur Ruhe kommst? Das Zauberwort lautet: Abendroutine.

Abhängig davon welche du pflegst, können Gewohnheiten dich formen oder dich brechen. Wir werden zu dem, was wir regelmäßig tun. - Sean Covey

4 Tipps für deine Abendroutine

Wie wäre es, wenn du stattdessen die Belastungen des Tages einfach loslässt, deinen Geist zur Ruhe bringst und mühelos in einen erholsamen Schlaf schlummerst? Wenn du neugierig bist, wie das funktioniert, dann lasse dich von den vier folgenden Ideen für deine neue Abendroutine inspirieren.

Tipp 1: Feste Schlafenszeit etablieren

Heute mal um 23 Uhr, morgen schon um 22 Uhr und am nächsten Abend erst mitten in der Nacht:  Viele Menschen gehen täglich zu völlig unterschiedlichen  Zeiten schlafen. Studien zeigen, dass regelmäßige Schlafgewohnheiten einen maßgeblichen Einfluss auf die Schlafqualität und die psychische Gesundheit haben. [2] [2] Einflussfaktoren von depressiven Symptomen bei Schlafstörungen: Riemann et al. (2019): "Regularity of Daily Life and Light Exposure in Patients with Insomnia: Associations with Symptoms of Depression Selbst Faktoren wie Blutdruck, Glukoseregulation und Insulinsensitivität werden von einem regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst. [3] [3] Unregelmäßiger Schlaf und kardiometabolische Risiken: Zhang & Qin (2023): Consistency of Sleep-Wake Schedule Regulates Cardiometabolic Health  Um deine Schlafqualität mit all ihren gesundheitlichen Vorteilen zu verbessern, kann es hilfreich sein, feste Schlafenszeiten zu deiner Abendroutine zu machen. Sicher kommt es dabei nicht auf die Minute an, aber grundsätzlich sollte der Zeitrahmen in etwa gleich sein.

Tipp: Lass dich von deinem Smartphone an die feste Schlafenszeit erinnern und entscheide dich bewusst dafür, dir die nächste Folge deiner Lieblingsserie für morgen aufzuheben.

Tipp 2: Elektronik ausschalten

Jeden Tag prasseln unzählige Informationen auf dich ein. All diese Infos und Eindrücke  wollen aber auch verarbeitet werden, dafür benötigt dein Gehirn Ruhepausen. In der Praxis passiert häufig genau das Gegenteil: Wir greifen am Abend, sogar wenn wir schon im Bett liegen, zum Smartphone oder Tablet und füttern es mit noch mehr Reizen. Das Resultat ist Daueranspannung. [4] [4] Das Gehirn braucht Ruhepausen: Hamberger, Beatrice/Techniker Krankenkasse. (2022): Allzeit bereit oder Digital Detox? 

Mehrere Studien belegen, dass das blaue Licht von Displays die Melatoninproduktion und damit die Schlafqualität beeinträchtigen kann. [5] [5] Der Einfluss von blauem Licht auf Schlaf, Leistung und Wohlbefinden: Silvani et al. (2022): The influence of blue light on sleep, performance and wellbeing in young adults: A systematic review   Melatonin wird auch Schlafhormon genannt und reguliert vor allem den Schlaf-Wach-Zyklus. Wird die Ausschüttung durch blaues Licht unterdrückt, wirst du nicht müde und schläfst schlechter ein. Dr. Birgit Högl, Neurologin mit Schwerpunkt Schlafmedizin an der Universitätsklinik Innsbruck, sagte in einer Untersuchung dazu: „Bereits ein kurzer Blick auf den Bildschirm reicht aus, um die Melatonin-Ausschüttung zu stören.“ [6] [6] Wirkung von Blaulicht auf den Schlaf: Poppeller (2021): Auswirkungen von blauem Licht (Computer, Handy) auf den menschlichen Körper und Möglichkeiten sich davor zu schützen   

Wenn du also eine neue Schlafroutine etablierst, dann sag nicht nur dem Fernseher, sondern auch gleich allen anderen elektronischen Geräten wie Smartphone und Tablet frühzeitig „Gute Nacht“. Möchtest du sie nicht ganz ausschalten – etwa weil du dich von deinem Smartphone wecken lässt – dann stelle den Flugmodus ein, sodass dich weder Töne noch Benachrichtigungen auf dem Display stören. Empfehlenswert für deine perfekte Abendroutine ist es ferner, am Abend eine Blaulichtfilterbrille aufzusetzen, wenn du noch mit dem Tablet, Laptop oder E-Reader beschäftigt bist.

Eine Studie von Manfred Spitzer mit mehreren Gruppen zeigt, dass die Probanden, die eine Brille mit einem Blaulichtfilter trugen, im Vergleich wesentlich mehr Melatonin ausschütteten als jene ohne. Selbst dein nächster Morgen wird dadurch erholsamer, die Konzentration steigt schneller und die Aufmerksamkeit ist verbessert, wie eine weitere Studie belegt. [7] [7] Negative Effekte der abendlichen Nutzung von eReadern auf die Wachsamkeit des nächsten Morgens: Chang et al. (2014): Evening use of light-emitting eReaders negatively affects sleep, circadian timing, and next-morning alertness 

Tipp 3: Achtsamkeitsrituale einführen

Abhilfe bei abendlichem Gedankenkreisen schafft eine wirklich tolle Abendroutine zum Einschlafen: Achtsamkeitsrituale. Eine randomisierte Studie, die im JAMA Internal Medicine erschien, zeigt eindrucksvoll, wie Achtsamkeitsübungen Schlafstörungen älterer Menschen vermindern. [8] [8] Achtsamkeitsmeditation und Verbesserung der Schlafqualität: Black et al. (2015): Mindfulness meditation and improvement in sleep quality and daytime impairment among older adults with sleep disturbances: A randomized clinical trial   Die Probanden erlernten Techniken zur Tiefenentspannung und machten sie zu ihrer neuen Abendroutine. Wenn du mehr darüber wissen willst, wirf einen Blick auf unseren Beitrag über die Vorteile von Meditation.

 

Wie also könnten deine achtsamen und meditativen Abendrituale aussehen?

Hier findest du eine tolle Yoga-Abendroutine für Anfänger:

 

*Anleitung Abendroutine 4-7-8-Atmung:

  1. Setze dich bequem hin oder lege dich entspannt hin.
  2. Berühre mit der Zungenspitze die Erhöhung direkt hinter deinen Vorderzähnen.
  3. Atme vollständig aus dem Mund aus und erzeuge dabei ein zischendes Geräusch.
  4. Schließe nun deinen Mund und atme langsam und gleichmäßig durch die Nase ein. Zähle dabei im Kopf bis vier.
  5. Halte den Atem für sieben Sekunden an.
  6. Öffne deinen Mund wieder und atme langsam aus, wieder mit einem zischenden Geräusch. Dieses Mal durch den Mund. Zähle dabei im Kopf bis acht.
  7. Wiederhole diesen Atemzyklus insgesamt drei weitere Male.

 Wenn dir die Übung zu lang erscheint, kannst du sie auch verkürzen, indem du jede Phase halbierst. Die Grundlage der 4 - 7 - 8-Atmung ist eine sehr alte Yoga-Technik, die  vom amerikanischen Arzt Dr. Andrew Weil weiterentwickelt wurde.

Tipp 4: Dankbarkeit fühlen

Robert Emmons, führender Forscher auf dem Gebiet der Dankbarkeit formulierte es so: „Dankbarkeit ist das Gefühl des Staunens und der Feier des Lebens“. In seiner Studie „Counting blessings versus burdens: An experimental investigation of gratitude and subjective well-being in daily life“ untersuchte er die unmittelbaren Auswirkungen von Dankbarkeitsübungen auf das Wohlbefinden sowie die Schlafqualität. [12] [12] Dankbarkeitsübungen und Schlafqualität: Emmons & McCullough (2003): Counting blessings versus burdens: an experimental investigation of gratitude and subjective well-being in daily life   

Dazu wurden die Teilnehmenden in drei Gruppen eingeteilt: Die erste schrieb täglich auf, wofür sie Dankbarkeit waren, die zweite, worüber sie sich ärgerten, und die dritte hielt neutrale Erlebnisse fest. Die Dankbarkeit-Gruppe zeigte im Vergleich zu den anderen mehr Optimismus, Lebensfreude und Zufriedenheit. Nach 10 Wochen waren die dankbaren Teilnehmer nicht nur glücklicher, sondern hatten auch weniger gesundheitliche Probleme und wurden als hilfsbereiter und sozialer wahrgenommen.

Eine Abendroutine voller Dankbarkeit… klingt gut, oder? Eine tolle Möglichkeit, deine dankbaren Gedanken festzuhalten, ist das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs. Nimm dir jeden Abend ein paar Minuten Zeit und schreibe in ruhiger Umgebung drei bis fünf Dinge auf, für die du an diesem Tag dankbar bist. Das können große Ereignisse oder kleine Freuden sein – der Effekt der Abendroutine liegt darin, bewusst positive Momente zu reflektieren.

Wenn es dir hilft, kannst du auch einen Dankbarkeitsstein nutzen. Lege ein für dich besonderes Exemplar auf den Nachtschrank. Nimm den Stein kurz vor dem Schlafen in die Hand und denke an etwas, wofür du dankbar bist.

Fazit zur Abendroutine

Wichtig ist, dass du entspannt bleibst. Eine neue Abendroutine, ob bei Erwachsenen oder Kindern, wird nicht von heute auf morgen zur neuen Gewohnheit. Nutze unsere Abendroutine-Ideen, um deinen Abend Schritt für Schritt so zu gestalten, wie du dich damit am wohlsten fühlst. Wir sind ganz sicher: Nach und nach wirst du ganz eigene Abendrituale entdecken, die dir beim Einschlafen helfen und deine Schlafqualität positiv beeinflussen.

Dass sich eine Abendroutine lohnt, zeigen alle genannten Studien eindrucksvoll. In diesem Sinne… wünschen wir dir eine gute Nacht.

Noch ein Tipp: Unser Schlaftagebuch begleitet dich rund drei Monate auf wunderbare Art und Weise bei deiner neuen Abendroutine. Dazu erhältst du umfangreiches Wissen aus der Schlafforschung – kompakt und verständlich aufbereitet.

 

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Dieser Beitrag stammt von Elena Rieder. Sie fand Yoga mal ein bisschen doof. Genau so lange, bis sie es zum ersten Mal selbst ausprobiert hat. Seitdem ist Achtsamkeit ein wichtiger Part in ihrem Leben, der zum Glück auch hervorragend zu der Arbeit beim 6-Minuten Verlag passt.  

Quellen:

[1] Stiftung Gesundheitswissen (2021). Schlaf: Warum wir ihn brauchen

[2] Riemann, D.; Krone, L. B.; Wulff, K.; et al. (2019): "Regularity of Daily Life and Light Exposure in Patients with Insomnia: Associations with Symptoms of Depression"

[3] Zhang, C. & Qin, G. (2023): Irregular sleep and cardiometabolic risk: Clinical evidence and mechanisms. Frontiers in Cardiovascular Medicine, 10. 

[4] Hamberger, B. (2023): Digital Detox - Einfach mal abschalten. Die Techniker.

[5] Silvani, M. I., Werder, R. & Perret, C. (2022): The influence of blue light on sleep, performance and wellbeing in young adults: A systematic review. Frontiers in Physiology

[6] Poppeller, R. (2021): Auswirkungen von blauem Licht (Computer, Handy) auf den menschlichen Körper und Möglichkeiten sich davor zu schützen. 

[7] Chang, A., Aeschbach, D., Duffy, J. F. & Czeisler, C. A. (2014): Evening use of light-emitting eReaders negatively affects sleep, circadian timing, and next-morning alertness. Proceedings Of The National Academy Of Sciences Of The United States Of America

[8] Black, D. S., O’Reilly, G. A., Olmstead, R., Breen, E. C. & Irwin, M. R. (2015): Mindfulness Meditation and Improvement in Sleep Quality and Daytime Impairment Among Older Adults With Sleep Disturbances. JAMA Internal Medicine

[9] Pandekar, P. P. & Thangavelu, P. D. (2019): Effect of 4-7-8 Breathing Technique on Anxiety and Depression in Moderate Chronic Obstructive Pulmonary Disease Patients. In International Journal Of Health Sciences & Research: Bd. Vol.9 (Nummer Issue: 5) [Journal-article]. International Journal of Health Sciences and Research

[10] Maddux, R. E., Daukantaité, D. & Tellhed, U. (2017): The effects of yoga on stress and psychological health among employees: an 8- and 16-week intervention study. Anxiety, Stress, And Coping/Anxiety, Stress & Coping, 31(2), 121–134

[11] Jespersen, K. V., Otto, M., Kringelbach, M., Van Someren, E. & Vuust, P. (2019): A randomized controlled trial of bedtime music for insomnia disorder. Journal Of Sleep Research, 28(4)

[12] Emmons, R. A. & McCullough, M. E. (2003): Counting blessings versus burdens: An experimental investigation of gratitude and subjective well-being in daily life. Journal Of Personality And Social Psychology, 84(2), 377–389

 

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