7 Säulen der Resilienz: mentale Stärke aufbauen

Elena Rieder | 28-05-2024 | 8 min Lesezeit

Es gibt Menschen, die sich nicht unterkriegen lassen. Rückschläge, Verluste, Trauer – ihr Fokus bleibt immer auf Hoffnung und Positivität. Das bedeutet nicht, dass sie abgestumpft oder gefühlskalt sind und alles einfach lächelnd an sich abprallen lassen. Oft ist sogar das Gegenteil der Fall. Sie geben ihren Gefühlen genau den Raum, den sie brauchen. Und so individuell starke Persönlichkeiten auch sein können – eines haben sie alle gemeinsam: eine ausgeprägte Resilienz. In diesem Beitrag erfährst du, was die 7 Säulen der Resilienz sind und wie du deine eigene Resilienz trainieren kannst.

Was bedeutet Resilienz?

Der Begriff selbst stammt aus der Physik und bezeichnet Stoffe, die nach extremer Spannung wieder ihren Ursprungszustand einnehmen können. Und zwar ohne bleibende Schäden. [1][1] Materials in Today's World: Dr. Ronald Redwing, College of Earth and Mineral Sciences (2023): Resiliency and Toughness Überträgt man dies in den psychologischen Kontext, bedeutet Resilienz: Das innere Gleichgewicht ist nahezu unerschütterlich und kann selbst schwere Schicksalsschläge gut verarbeiten, ohne dass die mentale Gesundheit langfristig leidet. Resilienz kann in etwa mit Widerstandskraft übersetzt werden.  

Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen, auf ihnen zu surfen. - Jon Kabat-Zinn

Was sind die 7 Säulen der Resilienz?

Die 7 Säulen der Resilienz sind sieben Fähigkeiten, die von der Psychologin Ursula Nuber als Fundament resilienter Persönlichkeiten identifiziert wurden. Das Modell stellt komplexe  psychologische Zusammenhänge einfach dar und macht Baustellen sichtbar, an denen gearbeitet werden kann, um die eigene Resilienz zu stärken. Das Modell ist so erfolgreich, dass es mittlerweile weltweit Anwendung findet.[2][2] Resilienz Modell nach Ursula Nuber: Dipl. Psych. Julia Scharnhorst: Haufe Personal Office Die 7 Säulen der Resilienz haben einen starken Bezug zueinander und beeinflussen sich gegenseitig.

Säule 1: Optimismus

Ist dein Glas halb leer oder halb voll? Egal, ob Optimist oder Pessimist – beide können Realisten sein, der Unterschied liegt im Fokus. Pessimisten lassen sich von Krisen aus dem Gleichgewicht bringen – sie konzentrieren sich auf das Negative und verzweifeln oft daran. Optimisten hingegen haben einen positiven Fokus und vertrauen darauf, dass sie Probleme lösen können und denken dementsprechend lösungsorientiert. Wer wäre da nicht lieber optimistisch? Die gute Nachricht: Die Gedanken auf das Gute zu lenken, kann man lernen – zum Beispiel mit einem Dankbarkeitstagebuch. Auch ein Erfolgsjournal kann dir helfen, die Dinge in einem positiveren Licht zu sehen, weil es dich dabei unterstützt, selbst die kleinsten Erfolge in deinem Leben zu schätzen.

Säule 2: Akzeptanz

Es gibt Tatsachen, die du nicht ändern kannst. Du kannst dich ihnen aber stellen und für dich das Beste daraus machen. Dass manche Gegebenheiten so sind, wie sie sind und du gar nichts tun kannst, ist ein schwieriger Lernprozess. Ein Beispiel ist der Verlust eines geliebten Menschen. Um nichts in der Welt lässt sich die Person wieder zurückholen. Du kannst aber einen ermutigenden Umgang für dich selbst mit der Situation finden, Erinnerungen festhalten, sie akzeptieren und für eine starke zweite Säule daran arbeiten, wieder schöne Gefühle in dein Leben zu lassen. Akzeptanz lernen – bedarf viel Übung, aber es lohnt sich.

Säule 3: Lösungen finden

Du hast es oft selbst in der Hand, die Kontrolle über dein Leben zurückzugewinnen: Suche nach Lösungen und komme ins Tun. Ein guter erster Schritt ist es, aktiv an den 7 Säulen der Resilienz zu arbeiten.

Säule 4: Opferrolle verlassen

Um einen Rückschlag zu überstehen, ist Selbst-Mitgefühl enorm wichtig. Unabdingbar ist aber auch, nicht in Selbstmitleid zu versinken, denn das kann Risse in deinen Säulen, deiner Widerstandskraft verursachen. Besinne dich auf deine Stärken und schau, was du selbst tun kannst, um Krisen zu bewältigen.

Säule 5: Verantwortung übernehmen

Ständig die Schuld von sich weisen: bringt meistens gar nichts. Stattdessen Fehler reflektieren und Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen: stark!

Säule 6: Netzwerke bilden

Menschen sind soziale Wesen. Geteiltes Glück zählt doppelt und geteiltes Leid ist plötzlich gar nicht mehr so schlimm. Vor allem in schweren Zeiten ist Rückhalt von außen enorm wichtig. Unsere Bindungen und Beziehungen stellen daher die sechste der 7 Säulen der Resilienz dar.

Säule 7: Zukunft planen

Mit guter Planung kannst du zukünftige Krisen bestenfalls vermeiden und dich  mental auf schwierige Lebensabschnitte vorbereiten. Aber Vorsicht: vermeide es, zu sehr zu grübeln. Wenn du dir ständig Horror-Szenarien ausmalst, bewirkst du eher das Gegenteil und du kannst dir und deiner Psyche damit schaden. 

Resilienz stärken, positive Zukunft, Zukunft planen, Bild von einem lachenden Smiley, der auf eine Straße gemalt wurde

Muss ich alle 7 Säulen der Resilienz meistern, um Widerstandskraft zu entwickeln?

Vorweg: nein. Die 7 Säulen der Resilienz kannst du dir auch wie 7 Schutzschilde gegen negative, äußerliche Einflüsse vorstellen. Sind deine Schilde „intakt“ , haben sie das Potential, psychische Belastungen abzufangen oder zumindest abzufedern, ohne dass du mental in ein tiefes Loch fällst. Für „kleine Krisen“ reichen vielleicht schon zwei oder drei Schilde, entsprechend kannst du diese also auch überwinden, wenn erst zwei oder drei deiner 7 Säulen der Resilienz stabil sind. Ob das Abfangen gelingt, hängt nicht nur von deiner Resilienz, also der Stärke deiner Schilde, ab, sondern auch vom „Schwierigkeitsgrad“ der Situation, mit der du konfrontiert bist.

Resilienz stärken, Frau die sich mit Händen gegen etwas wehrt

Um beim Säulen-Bild zu bleiben: Sind unsere 7 Säulen der Resilienz stabil, können auch mal zwei oder drei etwas bröckeln oder ganz wegbrechen. Vielleicht musst du einige auch erst von Grund auf neu aufbauen. Stellst du dir jetzt eine große Last bildlich vor, zum Beispiel als schwere Steinplatte, reichen schon vier Säulen, um sie zu tragen. Es schadet aber nicht, auch an den anderen Säulen zu arbeiten, da immer eine wegbrechen kann. So schaffst du Reserven.

7 Tipps für dein tägliches Resilienztraining

Optimistisch sein, die Dinge akzeptieren, wie sie sind, dennoch lösungsorientiert handeln, auf die Opferrolle verzichten, Eigenverantwortung übernehmen, soziale Beziehungen pflegen und Pläne für die Zukunft schmieden – das scheint viel zu viel auf einmal zu sein. Diese Tipps können dich dabei unterstützen, deine 7 Säulen der Resilienz Stück für Stück systematisch aufzubauen:

Tipp 1: Identifiziere Stressoren

Fertige hierfür eine Stress-Map an. Du schreibst alle Bereiche als Stichpunkte auf, die in deinem Leben momentan eine Rolle spielen. Das können Personen, Beziehungen, Jobs oder Aufgaben sein. Jedem dieser Aspekte ordnest du jetzt einen „Stressfaktor“ von - 5 (= kostet enorm viel Kraft, stresst wahnsinnig) bis + 5 (=spendet Kraft, tut mir gut) zu.[3][3] Careerslounge: Resilienz - Fähigkeiten und Praxisübungen
Jetzt hast du ein genaues Bild davon, was dich am stärksten belastet.

Addiere alle Ziffern. Ist das Ergebnis negativ, kannst du versuchen, die Dinge, die im Negativbereich liegen, zu begrenzen . Triff dich beispielsweise seltener mit Personen, die dir nicht guttun, verteile Aufgaben, die dich besonders stressen, und nimm dir nie zu viel auf einmal vor . Versuche dadurch auf eine positive Summe zu kommen – so reduzierst du dein Stresslevel.

Tipp 2: Fake it till you make it

Kopf hoch, Schultern zurückziehen und Brust raus! Körper und Psyche sind so eng miteinander verbunden, dass du deine äußerliche Stärke auch innerlich fühlen wirst. Beobachte deine Körperhaltung, wenn dich etwas stark belastet. Wir neigen nämlich dazu, uns im wahrsten Sinne des Wortes hängenzulassen und den Kopf zu senken. Der Körper zeigt nach außen: „Mir geht es gerade nicht gut.“
Natürlich solltest du deine Gefühle zulassen und sie verarbeiten. Wenn du aber in Krisen eine buchstäblich starke Haltung einnimmst, hilft dir das beim Umgang mit schwierigen Situationen. Außerdem signalisierst du damit deinen Mitmenschen, dass sie eher Unterstützung auf Augenhöhe anbieten sollten, als dich zu bemitleiden.

Tipp 3: Fokussiere das Gute

Unser Gehirn sucht ständig nach Dingen, die gerade schieflaufen oder eine Bedrohung darstellen. Zu Urzeiten sicherte diese Denkweise unser Überleben. Nur führt dieses steinzeitliche Denkmuster heute dazu, dass wir negative Emotionen viel stärker bewerten als Positive.

Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am schnellsten auf Veränderungen reagiert. - Charles Darwin

Würde man Gefühle auf einer Intensitätsskala bewerten, wird Schmerz im Schnitt drei- bis viermal stärker eingestuft als Zufriedenheit. Die gute Nachricht: Du kannst deinem Gehirn beim Training der 7 Säulen der Resilienz beibringen, sich stärker auf das Gute zu fokussieren. Das benötigt etwas Übung – zum Beispiel, indem du täglich aufschreibst, was dir Gutes widerfahren ist und wofür du dankbar bist. Mit einem Dankbarkeitstagebuch kannst du das geführt mit täglichen Fragen tun. Das sorgt erwiesenermaßen bereits nach ein paar Wochen dafür, dass sich eine gesunde Portion Optimismus einstellt. Das beliebteste Tagebuch gibt es hier

Tipp 4: Resilienz ist nicht schwarz oder weiß

Nein, Resilienz ist immer ein dynamischer Prozess, in dem einzelne Elemente mal besser, mal weniger gut funktionieren. Vergleiche dich nicht mit anderen, von denen du denkst, dass sie besonders ausgeglichen sind, sondern akzeptiere, dass sich jede und jeder immer in einer Entwicklung befindet. Das Leben ist ständig im Wandel, so wie wir, daher erreicht man nicht „plötzlich“ eine Form von Resilienz – stattdessen ist hier der Weg das Ziel.

Tipp 5: Entspann dich

Klingt zwar banal und du hast es bestimmt schon oft gehört – regelmäßige Entspannung ist aber gerade für das Training der eigenen Resilienz super effektiv. Alles, was dir guttut, macht dich resilienter. Ausreichend Schlaf, Lavendeltee, Meditation, Yoga, Sport, Urlaub, digitale Auszeiten, Spaziergänge...[4][4] NHS UK skillsforcare: Building your own health, resilience and wellbeing You name it. 

Tipp 6: Frag dich ehrlich: „Will ich das?“

Beantworte dir diese einfache Frage für alle wichtigen Lebensbereiche – ob in Beziehungen, bei der Arbeit, hinsichtlich deines Wohnortes oder wenn es um deine Hobbys geht. Neben äußeren Einflüssen, die uns stressen, können wir nämlich auch innere Konflikte führen. Sie entstehen immer dann, wenn das, was wir tun, nicht zu dem passt, was wir wollen. Steckst du beispielsweise in einem Job fest, bei dem du die Eingangsfrage zu oft mit einem klaren „Nein!“ beantworten kannst, besteht Handlungsbedarf. Ändere etwas, mach etwas anders.

Tipp 7: Teste dich

Wahrscheinlich hast du schon ein ungefähres Gefühl dafür, ob du gut mit Stress und Krisen umgehen kannst oder ob dir alles sehr nahe geht. Um deinen Status quo in Sachen Resilienz noch besser kennenzulernen und deine ausbaufähigen Säulen zu identifizieren, bietet sich für den Anfang ein Online-Test an, beispielsweise der Resilienz-Selbsttest des MDR. Du kannst natürlich auch jeden anderen Test machen, der sich für dich seriös anfühlt. Auch mithilfe eines Achtsamkeitstagebuchs kannst du Rückschlüsse ziehen und den Zustand deiner 7 Säulen der Resilienz erforschen.

Ist das Modell der 7 Säulen der Resilienz für alle geeignet?

Natürlich handelt es sich bei dem Modell nicht um ein universelles Rezept , das dich und jede Person auf dieser Welt vor mentaler Überlastung oder psychischer Erkrankung schützt.[5][5] AOK Magazin: Resilienz trainieren – so stärken Sie Ihre Widerstandskraft
Es gibt Situationen im Leben, die so belastend sind, dass sie professionelle ärztliche oder therapeutische Unterstützung erfordern.

Auch fällt es vielen Menschen schwer, ihre "Säulen“ überhaupt in sich auszumachen, da alles so stark miteinander verknüpft ist. Individuell geben die 7 Säulen der Resilienz aber eine Menge Aufschluss darüber, an welchen eigenen Baustellen wir noch arbeiten können, um insgesamt widerstandsfähiger gegen Belastungen zu werden. 

____________________

Dieser Beitrag stammt von Elena Rieder. Sie fand Yoga mal ein bisschen doof. Genau so lange, bis sie es zum ersten Mal selbst ausprobiert hat. Seitdem ist Achtsamkeit ein wichtiger Part in ihrem Leben, der zum Glück auch hervorragend zu der Arbeit beim 6-Minuten Verlag passt.  

 

Quellen:

[1] Materials in Today's World: Dr. Ronald Redwing, College of Earth and Mineral Sciences (2023): Resiliency and Toughness

[2] Resilienz Modell nach Ursula Nuber: Dipl. Psych. Julia Scharnhorst: Haufe Personal Office

[3] Careerslounge: Resilienz - Fähigkeiten und Praxisübungen

[4] NHS UK skillsforcare: Building your own health, resilience and wellbeing

[5] AOK Magazin: Resilienz trainieren – so stärken Sie Ihre Widerstandskraft

1 Kommentare

Wow, toller Beitrag liebe Elena!

Hat mich direkt motiviert ins Tun zu kommen, und zwei der Tipps werd ich heut Abend direkt probieren :)

Antonia 05 Juni, 2024

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