Schnell einschlafen: 6 Tipps
Augen zu und… zZZZzzzz: Hinlegen, Decke drüber und erst beim Weckerklingeln wieder aufwachen. Welch schöne Theorie. Meistens bleibt sie jedoch nur eine Traumvorstellung. In der Praxis steht erst noch Gedankenkarussell, 17-mal wälzen, zu heiß, zu kalt und noch mal kurz aufs Klo auf dem Plan.
Gut schläft, wer gar nicht merkt, dass er schlecht schläft. - Publilius Syrus
Gibt es sogenannte "Lifehacks", die helfen, schneller einzuschlafen? Sucht man gezielt danach, findet man eine ganze Menge davon. Beisspielsweise einige Kurzvideos mit dem Inhalt: “Military Sleep Method”. [1] [1] Instagram: "Military Sleep Method" Die Technik soll DER Trick zum schnellen Entspannen sein. US-Soldaten verwenden sie und schlafen damit angeblich in nur zwei Minuten ein. Clickbait? Oder kann das wirklich was?
Schlaftechniken mit Geschichte
Jein. Die “Military Sleep Method” kann tatsächlich dabei helfen, schneller einzuschlafen. Zumindest hat sie einen starken Effekt auf das Runterkommen, wenn die Methode regelmäßig angewendet wird. Denn die drei Grundlagen, auf die sich die virale Abendroutine bezieht, sind auch die Grundlagen jeder Meditation und jeder Achtsamkeitsübung:
- jegliche Anspannung im Körper loslassen
- bewusst atmen
- den Kopf von (zu vielen) Gedanken befreien
Hier hat also niemand das Rad neu erfunden, sondern eher neue, schnellere Reifen aufgezogen. Diese Entspannungstechniken gibt es schon mindestens seit den Anfängen des Hinduismus. Der Legende nach erlangte dann später auch der historische Buddha seine Erleuchtung, indem er eben genau das machte. [2] [2] Meditationstiefe: Pinon, Harald (2020): Geschichte der Meditation
Du musst dir also keine krude Militärtechnik aneignen, um schneller einzuschlafen, sondern kannst einfach auf bewährte Methoden zurückgreifen, mit denen Menschen bereits seit Jahrtausenden Ruhe finden. In diesem Beitrag findest du hierfür einige Anwendungsbeispiele und Tipps, die dich dabei unterstützen, fix ins Reich der Träume zu gelangen.
Wichtig: Wenn du chronische Schlafprobleme hast, die dich im Alltag sehr einschränken, dann ist ein Besuch in einem Schlaflabor oder bei einem Arzt oder einer Ärztin ratsam. Die folgenden Achtsamkeitsübungen sollen als Anregungen für sinnvolle Routinen oder Anpassungen an deinen bisherigen Gewohnheiten dienen, wenn du deinen Schlaf verbessern möchtest, weil du gelegentlich schlecht schläfst oder insgesamt gesündere Schlafgewohnheiten entwickeln willst.
Tipps um schneller einzuschlafen
Tipp 1: MILITÄRISCHE ACHTSAMKEIT ÜBEN
Die anfangs erwähnte Methode beinhaltet, trotz ihrer Kürze, eigentlich alles, was Körper und Geist zur Ruhe bringen kann und dir beim schnellen Einschlafen hilft. Da die “Military-Sleep-Method” nur etwa zwei Minuten in Anspruch nimmt, ist sie auch super für Achtsamkeits- und Meditationseinsteiger geeignet. Am besten liegst du dabei auf dem Rücken und bist bereit zu schlummern. Und so geht’s: [3] [3] Antenne NRW (2024): In 2 Minuten einschlafen mit diesem Trick
- Gesicht entspannen: Konzentriere dich darauf, dass jeder Muskel locker und entspannt ist, von der Stirn über die Wangen bis zu den Kiefermuskeln.
- Arme und Schultern lockern: Senke die Arme und lege sie ganz ruhig neben deinem Körper ab.
- Bewusst atmen: Atme tief ein und länger wieder aus, konzentriere dich ganz darauf. Das beruhigt Brust und Bauch.
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Anspannung im Unterkörper lösen: Dafür verschiebst du deine Konzentration jetzt auf die Hüfte und deine Beine. Stell dir vor, sie werden ganz schwer und sinken in die Matratze ein. Atme weiterhin ganz bewusst.
- Gedanken befreien: Der wahrscheinlich wichtigste Schritt. Auch wenn unser Körper bereits ruhig ist, können dich deine Gedanken am schnellen Einschlafen hindern. Deshalb stell dir vor, wie du in einem Kanu auf einem ruhigen, wunderschönen See liegst. Nicht paddeln 😉, einfach entspannen. Du kannst dir auch einen Schlafplatz in einer Hängematte in einem dunklen Raum vorstellen, wenn dir das Setting eher zusagt. Hauptsache du schiebst alle anderen Gedanken beiseite.
Das wird wahrscheinlich nicht direkt nach dem ersten oder zweiten Versuch perfekt klappen. Auch hier gilt: Dranbleiben is key! Viele Gewohnheiten oder erste Erfolge stellen sich erst nach einem Zeitraum von etwa sechs Wochen ein. [4] [4] Studie "Wie lange braucht man, um Gewohnheiten zu ändern": AOK Magazin (2022): Gewohnheiten ändern: Tipps für neue Handlungsmuster
Dafür sehen die Erfolgschancen der Military-Sleep-Method sehr vielversprechend aus; es gibt viele positive Erfahrungsberichte und Expertenmeinungen, die das belegen. Kein Wunder, denn sie beruht auf gut erprobten Prinzipien wie Meditation und progressiver Muskelentspannung. Zweiteres funktioniert folgendermaßen:
Tipp 2: MUSKELN ENTSPANNEN (PROGRESSIV)
Wenn du Muskeln bewusst anspannen kannst, kannst du sie logischerweise auch wieder entspannen. Bei der progressiven Muskelentspannung verringert sich die Nervenaktivität, wodurch auch die geistige Nervosität sinkt. [5] [5] Wohlbefinden, Entspannung: AOK Magazin (2020): Progressive Muskelentspannung: Eine einfache Anleitung Heißt: Entspannst du deinen Körper, entspannt auch deine Psyche. So legst du das Fundament, um schneller einzuschlafen.
Das wusste auch der Arzt Edmund Jacobson, der das Prinzip der Progressiven Muskelentspannung (PMR) bereits 1929 vorstellte. Anders als bei der Methode zuvor folgt hier die Entspannung einzelner Gliedmaßen durch vorige Anspannung. Dafür lenkst du deine Aufmerksamkeit ganz gezielt nacheinander auf einzelne Bereiche deines Körpers. Konzentrierst du dich auf deine Muskeln, können deine Gedanken nicht ziellos abschweifen. Wenn du die PMR ausprobieren möchtest, bietet sich folgende Reihenfolge an:
- Ins Bett legen: Komm in Ruhe an, lege dich auf den Rücken, strecke Arme und Beine aus und lockere dich ein wenig.
- Starker Arm: Balle zunächst die Hand an deinem dominanten Arm zu einer Faust. Dann spannst du den Bizeps an, hebst die Faust, spanne anschließend den gesamten Arm bis zur Schulter an. 5 Sekunden halten. Löse dann schlagartig die Spannung, lass den Arm fallen und bewege ihn bestenfalls nicht mehr.
- Anderer Arm: Spiegle die Übung mit deinem zweiten Arm.
- Gesicht: Stell dir vor, wie du in eine Zitrone beißt. Ziehe Grimassen, presse die Lippen aufeinander, ziehe die Wangen ganz hoch und kneife die Augen zusammen. 5 Sekunden halten, lockerlassen und entspannen.
- Hals und Nacken: Ziehe dein Kinn Richtung Brust, dein Kopf darf leicht von der Matratze abheben. Spanne deinen Nacken so stark du kannst an, wieder 5 Sekunden halten, dann den Kopf ablegen und entspannen.
- Schultern und oberer Rücken: Hebe dein Brustbein an. Die Schultern dabei fest in die Matratze drücken. Schulterblätter zur Wirbelsäule ziehen, Spannung kurz halten und loslassen.
- Bauch und unterer Rücken: Ziehe den Bauch ein, als wolltest du darunter in der Matratze versinken. Drücke dich so fest du kannst. Spanne deinen Rücken mit an. Halten, loslassen.
- Dominantes Bein: Zehenspitzen Richtung Körper ziehen (Fuß flexen). Hebe dann dein komplettes Bein ein paar Zentimeter an und spanne die zugehörige Pomuskulatur an. Nach 5 Sekunden absenken und entspannen.
- Anderes Bein: Wiederhole die Übung für dein anderes Bein.
- Ganzer Körper: Gib jetzt nochmal alles: Baue von Kopf bis Fuß Druck auf, spanne deine gesamte Muskulatur an und lasse dich nach etwa 5 Sekunden ganz gemütlich in dein Kissen zurücksinken.
Jetzt sollte dein Körper ganz ruhig sein. Durch die Verbindung von Körper und Psyche dringt diese Ruhe bis in deine Gedanken vor, das Einschlafen fällt leichter.
Noch ein Benefit der PMR: Durch das bewusste Ansteuern einzelner Muskelgruppen nimmt dein Körperbewusstsein mit der Zeit zu und es wird dir immer leichter fallen, Entspannung zu finden. Das verbessert nicht nur deinen Schlaf, sondern macht dich auch in Stresssituationen resilienter.
Tipp 3: SPORT MACHEN
Damit ist nicht gemeint, noch schnell eine Einheit Liegestützen nach dem Abendessen und vor dem Zubettgehen einzubauen. Das hätte den gegenteiligen Effekt und der Körper kommt erstmal wieder in Fahrt. Was gemeint ist: Wer sich regelmäßig sportlich verausgabt, verbessert seine Schlafqualität nachweislich. Mittlerweile ist der Effekt schon so gut erforscht, dass Sport fester Bestandteil vieler Therapien bei Schlafproblemen ist. Die Tiefschlafphase dauert bei sportlich aktiven Menschen länger, sie fühlen sich insgesamt ausgeruhter. [6] [6] Effects of resistance exercise training and stretching on chronic insomnia: D’Aurea CVR, Poyares D, Passos GS, Santana MG, Youngstedt SD, Souza AA, et al. (2018): Brazilian Journal of Psychiatry Ob Sport den Schlaf verbessert, hängt in erster Linie von drei Faktoren ab: Wann trainiert wird, was trainiert wird und wie intensiv trainiert wird:
- Wann: Am besten morgens. Da das unter der Woche oft nicht umsetzbar ist, sollten zumindest ein paar Stunden zwischen Workout und Schlafenszeit liegen. Beim Sport schüttet dein Körper nämlich Adrenalin und Cortisol aus, die dich wacher machen. Deshalb: Lieber nicht zu kurz vor dem Schlafengehen trainieren.
- Was: Nicht alle Sportarten wirken sich gleichermaßen positiv auf die Schlafqualität aus und lassen dich schneller einschlafen. Am besten abgeschnitten hat Ausdauer-Sport wie Radfahren, Joggen oder Schwimmen. Krafttraining hingegen hat kaum einen positiven Effekt auf deinen Schlaf.
- Wie: Mindestens 2,5 Stunden pro Woche moderate Anstrengung sollten es schon sein. Was du als moderat empfindest, ist natürlich individuell. Als Faustregel gilt: Sportliche Aktivitäten sollten dich etwas fordern, den Puls erhöhen und du darfst ins Schwitzen kommen. Gerätst du dabei aber außer Atem, so dass du nicht mehr sprechen kannst, ist die Intensität zu hoch.
Tipp 4: GESUNDE ABENDROUTINE ETABLIEREN
Gewöhne dir abendliche Rituale an, bevor du schlafen gehst. Wiederholst du das oft genug, werden Rituale zur Routine. Diese signalisiert dann Körper und Geist: „Es ist Zeit fürs Bett“. Du wirst automatisch müde. Beispiele für Rituale: Lesen, kurze Yoga-Session oder einfach eine Tasse Tee. Mehr Tipps für Abendroutinen und wie du sie in deinen Alltag einbaust, findest du hier.
Tipp 5: SCHLAFTAGEBUCH FÜHREN
Das 6-Minuten-Schlaftagebuch kann ebenfalls ein sinnvoller Teil einer beruhigenden Abendroutine sein. Da es aber auch für sich genommen großen Einfluss darauf hat, den Schlaf zu verbessern und die Schlafqualität zu tracken, muss es hier noch mal separat erwähnt werden. [7] [7] "Evaluating User Compliance in Mobile Health Apps: Insights from a 90-Day Study Using a Digital Sleep Diary": Kristbergsdottir, Hlín, Lisa Schmitz, Erna Sif Arnardottir, and Anna Sigridur Islind. (2023): Diagnostics 13, no. 18: 2883 Das Prinzip ist einfach und nimmt nicht viel Zeit in Anspruch: Raus aus dem Kopf – rein ins Buch. Gedankenschleifen, Sorgen und ToDos, die dich sonst wachhalten und am schnellen Einschlafen hindern würden, schreibst du vor dem Schlafengehen einfach auf. So hast du den Kopf für die Nacht frei und alle Aufgaben morgens gleich wieder für deinen Tagesfokus auf dem Schirm. Außerdem hilft das regelmäßige Aufschreiben, selbstbewusster zu werden und Belastungen, die für Schlaflosigkeit sorgen, zu identifizieren.
Das Schlaftagebuch, das neben dem praktischen Teil für dein Schlaf-Tracking und deine Gedanken auch noch geballtes Theoriewissen zum Thema enthält, gibt’s hier:
Tipp(s) 6: BASIS-CHECKLISTE EINHALTEN
Hier findest du die absoluten Schlaf-Basics, die leicht umzusetzen sind und eine Menge bewirken können. Hier musst du nicht erst über einen längeren Zeitraum neue Gewohnheiten entwickeln, um deinen Schlaf aktiv zu verbessern, sondern es reicht meist, wenn du Kleinigkeiten veränderst.
- Schlafzimmer komplett abdunkeln
- Bett (fast immer 😉) nur zum Schlafen nutzen
- Schlafzimmertemperatur kühl halten (16° bis 19° Grad)
- keine Bildschirme mindestens 1 Stunde vor Bettruhe
- keine Mahlzeiten mindestens 2 Stunden vor Bettruhe
- kein Koffein mindestens 6 Stunden vor Bettruhe
- Schlaftagebuch ausfüllen
Hast du noch weitere Tipps, die die Liste ergänzen? Falls ja: gerne in die Kommentare damit!
Schneller einschlafen mit Routinen
Wenn du bis hier gelesen hast, hast du bestimmt schon gemerkt: "Den" einen Lifehack oder "das" Wundermittel, um ratzfatz einzuschlafen, gibt es nicht. Allerdings kannst du deine Gewohnheiten so ändern, dass du nach einiger Zeit eine Verbesserung der Schlafqualität bemerken wirst. Routinen und positive Angewohnheiten helfen in allen Aspekten des Lebens – auch bei gezielten Vorhaben wie "schnell einschlafen". Du wirst nicht aus deiner Komfortzone herausgerissen, wenn du bestimmte gute Gewohnheiten einfach zu deiner neuen Komfortzone machst.
Quellen:
[1] Instagram: "Military Sleep Method"
[2] Meditationstiefe: Pinon, Harald (2020): Geschichte der Meditation
[3] Antenne NRW (2024): In 2 Minuten einschlafen mit diesem Trick
[4] Studie "Wie lange braucht man, um Gewohnheiten zu ändern": AOK Magazin (2022): Gewohnheiten ändern: Tipps für neue Handlungsmuster
[5] Wohlbefinden, Entspannung: AOK Magazin (2020): Progressive Muskelentspannung: Eine einfache Anleitung
[6] Effects of resistance exercise training and stretching on chronic insomnia: D’Aurea CVR, Poyares D, Passos GS, Santana MG, Youngstedt SD, Souza AA, et al. (2018): Brazilian Journal of Psychiatry
[7] "Evaluating User Compliance in Mobile Health Apps: Insights from a 90-Day Study Using a Digital Sleep Diary": Kristbergsdottir, Hlín, Lisa Schmitz, Erna Sif Arnardottir, and Anna Sigridur Islind. (2023): Diagnostics 13, no. 18: 2883
2 Kommentare
Hey liebe Elena,
ein super erfrischender Beitrag zum Thema, habe das 6-Minuten-Schlaftagebuch bereits gekauft vor 2 Wochen, bisher aber nur die ersten 20 Seiten gelesen und hab mir nun definitiv vorgenommen, es am Montag zu starten!
Danke für diesen Rest-Stupser an Motivation :)
Liebe Grüße, Antonia
Danke, das war sehr schön zu lesen.
Ich führe seit ca. 4 Monaten das
6-Minuten Tagebuch und es tut mir sehr gut.
Liebe Grüße aus Österreich